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Von Biotechnologie und tierischen Doppelgängern
Die Rehe im Natur- und Tierpark Goldau verwirren durch ihre tierischen Doppelgänger und beweisen mit ihrem hochtechnologischen Fell Erfindergeist beim Umgang mit der Winterkälte.
«Lueg mal Mami, es Reh». Wer den Natur- und Tierpark Goldau besucht, wird diesen Satz bestimmt einmal hören. Der Tierpark ist landesweit bekannt für seine «Rehlis», die zwischen den Felsen leben und die Besuchenden mit ihrem zutraulichen Wesen erfreuen. Dabei handelt es sich aber nicht um Rehe, sondern um recht ähnlich aussehende Sikahirsche. Diese asiatische Hirschart ist etwas kräftiger als das einheimische Reh und unterscheidet sich im Muster des Sommerfells: Die Sikahirsche haben auch als erwachsene Tiere im Sommer weisse Flecken auf dem Rücken, während diese bei den Rehen nur in den ersten Lebensmonaten sichtbar sind. Im Winter wird die Unterscheidung aber schwieriger, da beide Tierarten ein gräuliches Winterfell tragen.
Der Natur- und Tierpark Goldau beherbergt aber auch «richtige Rehe», diese befinden sich nicht wie die Sikahirsche in der Freilaufzone, sondern wohnen etwas versteckt in einer Anlage am Rande des Panoramaplatzes.
Ein Tier im Energiesparmodus
Apropos Winterfell: Die kalte Jahreszeit lässt uns Menschen frieren und wir verbringen unsere Zeit gern im geheizten Haus oder zumindest dick eingepackt. Diesen Luxus brauchen Tiere nicht, sie bleiben auch an den kältesten Tagen unter freiem Himmel. Vor allem beim zierlichen Reh verwundert es doch ein wenig, dass die Tiere der Kälte problemlos trotzen. Doch da unterschätzt man den Erfindergeist der Natur, denn die Rehe überstehen die niedrigen Temperaturen dank ausgeklügelter Biotechnologie. Das Reh hat einerseits ein ganz besonderes Winterfell: Die einzelnen Haare des Fells sind hohl und enthalten Luft. Diese eingeschlossene Luft ermöglicht eine effiziente Wärmedämmung, ähnlich einer Daunenjacke oder einer Styroporplatte. Das Reh verliert dank dieser Isolationsschicht kaum Körperwärme. Zusätzlich kann das Reh seine Körperkerntemperatur während den Ruhephasen um mehrere Grad absenken, in den Extremitäten sogar auf unter 20° C. Dadurch spart das Reh wertvolle Energie und lässt sich bei schönem Wetter von der Sonnenwärme wieder aufheizen.
Das ist aber noch nicht alles: Um weiter Energie zu sparen, besitzt das Reh die Fähigkeit seinen Verdauungstrakt und seine Leber während dem Winter um bis zu 20% zu verkleinern. In dieser Jahreszeit ist einerseits weniger Nahrung zu finden und es muss weniger verdaut werden. Andererseits wird durch die Verkleinerung Energie gespart, da die kleineren Organe weniger Nährstoffe zum Unterhalt benötigen. Bei einem Auto würde das etwa bedeuten, dass sich der Motor beim Bergabfahren verkleinern würde und so Treibstoff gespart werden kann. Mit diesen hochentwickelten Anpassungsstrategien zeigt uns die Natur, wie sie den menschlichen Technologien meilenweit voraus ist.